Tja, wo fange ich an?
Als mein Wecker um 6 klingelte konnte ich mich nicht sofort überwinden aufzustehen sondern blieb noch ein paar Minuten liegen. Schnell duschen, anziehen, nochmal alles überprüfen um nichts zu vergessen, Kathi nochmal einen Kuss gegeben (sie kam direkt zum Start) und dann gings los. Mit der U-Bahn gings zur Haltestelle Friedrichsstraße, in der Bahn hörte ich zur Beruhigung Musik und traf auf die ersten anderen Marathonis. Als ich an der Friedrichsstr aus der U-Bahn kam war es schon ein gewaltiges Schauspiel, hunderte Läufer pilgerten zusammen zum Startgebiet um die Kleiderbeutel abzugeben und sich in die Startblöcke zu zwängen. Bei der Abgabe der Kleiderbeutel bekam man einen unglaublich kleidsamen Plastiksack der einen warm halten sollte. Im Startblock orientierte ich mich nach vorne zu den 4:00 h Pacern und wartete gespannt auf den Sieg. Man kann sich einfach nicht vorstellen wie viele Menschen da neben, vor und hinter einem stehen und unabhängig von den verschiedenen Zeitzielen doch das gleiche Ziel wie man selbst haben. Es war Wahnsinn. Punkt 9 Uhr fiel der Startschuss für die ersten Startblöcke und 10 Minuten später durften wir dann auf die Strecke. Es lag ein Knistern in der Luft und es fliegen einem tausende Gedanken durch den Kopf, hat die Vorbereitung gereicht, fühlt man sich gut etc. Direkt nach dem Start ist noch ein sehr großes Gewusel auf der Strecke und ich hatte Probleme an den 4h Pacern zu bleiben, so voll war es. Mein Plan für das Rennen war ja auch mit denen ins Ziel zu laufen und damit knappp unter 4 h zu bleiben. Nach circa 6.5 km in der Höhe des Kanzleramtes und Reichtags entzerrte sich das Feld ein wenig und es wurde einfacher direkt an den Pacern zu bleiben. Es fühlte sich alles gut an und lief, das Wetter war gut, die Beine waren gut, alles okay könnte man denken aber schon hier war mein Puls zu hoch. Bei meinen 32km Trainingslauf am Rhein lag ich bei ca. 6 min/km bei nem Puls von 145-155, jetzt war ich bereits bei 168 und das, obwohl ich nur 20 Sekunden schneller war pro Kilometer. Die nächsten Kilometer waren gut, ich trank an den Verpflegungsstationen und es lief. Ich weiß nicht genau wann, aber nach circa 12 Kilometern bemerkte ich, dass ich Gänsehaut und kalten Schweiß auf meinen Armen hatte, kein gutes Zeichen. Ein Blick auf meine Pulsuhr verriet mir, dass meine Herzfrequenz nach wie vor zu hoch war, auch wenn ich versuchte durch ruhiges aAtmen meinen Puls nach unten zu bringen. Bei Kilometer 14 musste ich die Pacer dann ziehen lassen, mein Puls hatte inzwischen 180 erreicht und ich bekam es ein wenig mit der Angst zu tun, normal war das nicht,im Training hatte das immer besser geklappt, deswegen beschloss ich meine Puls durch etwas gehen nach unten zu bringen. Das Spielchen zog sich dann weiter, sobald mein Puls wieder zu hoch wurde (also über 175) ging ich ein Stück. Ich habe keine Ahnung wieso ich heute meine Form nicht finden konnte, ich denke aber, dass eine aufziehende Erkältung Schuld sein könnte am hohen Puls, aber da macht man nichts.
Die Halbmarathonmarke passierte ich nach 2:07, mein Zeitziel von 4h hatte ich aber schon bei Kilometer 15 abgeschrieben. Hauptsache gesund durchkommen und hoffentlich schneller als in Düsseldorf sein, war alles was ich wollte. Die Stimmung an der Strecke war übrigens die ganze Zeit grandios, die Berliner sind echt verrückt und feiern und feuern an was das Zeug hält, aber insgesamt waren auch viele ausländische Gruppen an der Strecke um ihre Freund und verwandten anzufeuern, bei über 40000 Startern aus über 125 Nationen kommt da einiges zusammen. Absoluten Respekt für die Stimmung an der Strecke Berlin. Kurz nach Kilometer 27 sah ich Kathi mit Plakat am Streckenrand, das einzige mal bis zum Ende des Rennens, was aber eher an mir und meinem Tunnelblick lag, Kathi hat mich noch öfter gesehen. Auf einmal taten die Muskeln in den Beinen weh aber das kannte ich ja bereits. Die Gehpausen wurden länger, auch wenn ich versuchte es nicht allzusehr einbrechen zu lassen, es lief aber alles andere als rund. Kilometer für Kilometer kämpfte ich mit den Schmerzen und der Frage, wieso ich den Scheiß mir hier eigentlich antue. Am wilden Eber war die Stimmung bombastisch und hier war ich bei n-tv zu sehen, ich dachte ab sofort von Kilometer zu Kilometer und Getränkepunkt und Getränkepunkt. Es war hart und schwer, ein absoluter Kampf. Bei Kilometer 32 waren es doch nur noch 10 Kilometer, ein lockerer Trainingslauf über Zollverein, das war genau das, was ich mir selber einzureden versuchte, es klappte aber leider nicht so recht, die Schmerzen waren doch stark. Bei Kilometer 35 waren wir auf dem Kudamm und die Kilometer verstrichen nur langsam. Es war nicht mehr weit und eine neue Bestzeit war in greifbarer Nähe, nicht nachlassen Sebastian, nicht nachlassen. Alexanderplatz folgte und damit waren es nur noch 4 Kilometer. Als ich ein Stück gehen wollte, lief auf einmal ein Zuschauer neben mir und feuerte mich an, ich sollt weiterlaufen, es sei nicht mehr weit. Einfach super sowas. Kurz nach Kilometer gab es nochmal Wasser und dann ging es bald schon auf das letzte Teilstück, „Unter den Linden“.
Nur noch einen Kilometer, nicht aufgebeben, immer weiter Schritt für Schritt. Im Hintergrund war schon das Brandenburger Tor zu sehen und es kam immer näher. Jetzt wurde nicht mehr gegangen, einfach weiterlaufen. Das Brandenburger Tor kam näher und es wa wunderbar, Zuschauer rechts und links die schrein und klatschen was das Zeug hält. Ich hatte mir oft ausgemalt wie es wohl ist durch das Brandenburger Tor zu laufen und es war anders. Es war viel emotionaler als ich gedachte hatte, ich hatte Tränen in den Augen. All das, was im letzten Jahr passiert ist schoß mir auf einmal durch den Kopf. Vor nichtmal einem Jahr war an das nicht zu denken, ich hätte mir das nie erträumt. Direkt danach ging es auf die Zielgerade, noch 400m, noch einmal das Tempo anziehen, Tunnelblick total und dann war es geschafft! Ich hatte Berlin bezwungen und meinen zweiten Marathon mit einer neuen persönlichen Bestzeit von 4:42:24 gefinished! Direkt nach dem Zieleinlauf gab es die Medaille und ich hängte sie mir mit Stolz um. Im Nachzielbereich trank ich etwas, nahm dankdend den Verpflegungsbeutel an und setzte mich erstmal auf den Rasen im Tiergarten um ein paar Minuten runterzukommen. Anschließend holte ich meinen Kleiderbeutel ab und traf mich mit Kathi vor Starbucks die mir um den Hals fiel. Wir stellten uns an die Strecke um weitere Läufer anzufeuern die nach wie vor liefen. Absoluten Respekt vor jedem Läufer, egal wie alt oder jung, dick oder dünn, groß oder klein, schnell oder langsam. Was man bei einem Marathon bewältigt ist einfach der Hammer!
Vielen aber auch an alle, die mir im Vorfeld Mut zugesprochen haben haben, die mich die ganze Zeit über unterstützt haben und vielen Dank für die vielen Glückwünsche, ihr seid alle super und ich bin froh euch zu haben!
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !!!!Du hast es tatsächlich geschafft, in diesem Jahr sogar zweimal Marathon zu Laufen, RESPEKT .Und vielleicht schaffen wir ja nächstes Jahr Düsseldorf nochmal gemeinsam, wer weiß ……Viele GrüßeUlli